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Das Leid mit dem Lob

„Das hast du gut gemacht!“ „Echt prima!“ „Super!“ „Weiter so!“ „Du bist echt ein kreativer Mensch!“

Ich habe es immer geliebt, gelobt zu werden. Es war mir total wichtig, dass die Leute sehen, was ich gemacht oder geschafft habe. Und ist es ausgeblieben, war ich nicht selten am Boden zerstört.

Mein Selbstbild war aufgebaut durch die Anerkennung von außen. Ich habe mich komplett abhängig davon gemacht. Die Reaktion meiner Umwelt bestimmte lange Jahre, wie ich mich fühlte. Wie ein Kasperl an den Marionetten-Fäden schien ich ausgeliefert auf Gedeih und Verderb dem Urteil der anderen.

Irgendwann habe ich dann durch die Brückenkommunikation (BK) gelernt, dass ich mir meine Gefühle selbst erzeuge. Dass mir niemand anders meine Gefühle „macht“. Doch ja, da ist es immer noch, dieses starke Bedürfnis nach Anerkennung. Dieses Lechzen, den eigenen Selbstwert bestätigt zu bekommen. Das ist tatsächlich ein innerer Konflikt, eine Quelle großen Leids.

Dieses sogenannte „Anerkennungsmotiv“ ist bei den Menschen unterschiedlich stark ausgeprägt. Es wird auch geformt und verstärkt durch wohlmeinende Erwachsene, die pädagogisch interessiert sind und meinen, Kinder loben zu müssen. In der klassischen Pädagogik wird so nach dem Verstärkerprinzip das Verhalten der Kinder beeinflusst in die gewünschte Richtung. Und so ist es auch. Das Lob tut erst mal gut, spornt an, sich weiter anzustrengen, wiederholt die gelobte Leistung zu erbringen und wieder und wieder in den Genuss dieses warmen Bades zu kommen. Es entsteht nicht selten eine Sucht nach dem Lob.

Ich habe selbst in der Schule früher Fleißbärchen-Aufkleber verteilt oder Perlen für besondere Leistungen. Es „zog“, die Kinder wollten mehr davon. Ich merkte jedoch sehr schnell, dass es nicht mehr um die Sache an sich ging, sondern die Motivation nur noch auf die Belohnung fixiert war. „Wenn ich jetzt dem Sebastian helfe (die Sachen vom Boden aufzuheben), bekomme ich dann eine Perle?“ „Gibt es einen Fleißbären auf die Zusatzaufgabe?“

Die Freude am eigentlichen Tun geht dabei leider verloren, es killt die „intrinsische“ Motivation.  Es war dennoch systembedingt ein Notnagel, um überhaupt irgendeine Form von Motivation zu erzeugen.

Heute fühle ich mich oft unwohl, wenn mich jemand lobt. Es bleibt ein schales Gefühl zurück. Ich spüre Manipulation („Mama ist wirklich die Beste, die macht alles für uns! … Machst du mir einen Shake? Fährst du mich nachher noch schnell zu Daniel?“ „Sie sind einfach die Beste für diesen Job, Frau Bee und haben am meisten Erfahrung!“)  oder fehlende Augenhöhe („Das hast du gut geschrieben.“ )

Ich will nicht mehr wie ein Kind gelobt werden! Wer lobt, fühlt sich in der Position, loben zu dürfen. Es wird „von oben herab“ gelobt – nach unten. Der Gelobte fühlt sich dadurch im Nachhall klein und schwach. Der Selbstwert wird nachhaltig beschädigt anstatt gefördert.

Der Gelobte definiert sich schnell nur noch über seine Leistungen. Im Hinterkopf entsteht der Gedanke: „Hoffentlich bekomme ich es das nächste Mal wieder genauso gut hin! Und wenn es mir nicht mehr gelingt?“ Lob und Anerkennung wird mit Liebe verknüpft, nach der wir uns alle sehnen.

Die Folge ist, dass, wenn die Leistung schwächer ausfällt, das Lob und damit die Liebe ausbleibt. Ein fataler Kreislauf, der nicht selten in Resignation endet und schwachem Selbstwertgefühl.

Was also tun? Es sind zwei Problemkreise.

  1. Position des Anerkennungs-Empfängers

Zum einen ist da meine eigene Seite, als diejenige, die Anerkennung bekommen will, jedoch ohne die negativen Folgen der Abhängigkeit bezüglich Stimmung, Motivation und Selbstwert.

  1. Position des Anerkennungs-Gebers

Zum anderen ist da auch mein Bedürfnis, dem anderen meine Freude und Anerkennung mitzuteilen über etwas, was ich von ihm sehe, höre, miterlebe. Ich will ihm eigentlich etwas Gutes tun, ohne die beschriebenen negativen Folgen.

Zu 1. Ich will Anerkennung!

Ich mache mich unabhängig vom Lob anderer, indem ich mir selbst die Anerkennung gebe, die ich mir wünsche. „Eigenlob stinkt!“ Vergiss diesen alten Satz, der in die Mottenkiste gehört  und ersetze ihn z. B. durch „Eigene Anerkennung macht frei, glücklich und unabhängig!“ Natürlich geht es nicht um das laute Hinausposaunen, wie toll ich bin! Das war vermutlich mal der Grund für den Mottenkisten-Satz vom Eigenlob.

Stattdessen geht es um die Kommunikation mit mir selbst. Den inneren Dialog. Ich darf mir innerlich (und wenn niemand zuschaut, auch in echt!) auf die Schulter klopfen und zu mir selbst sagen „ Kirstie, echt gut gelungen! Ich bin sehr zufrieden mit mir/dir“. (Ich wechsle ab und spreche mit mir mal als „Ich“, mal wie mit einem „Du“. )

Wenn ich es sehr wirkungsvoll gestalten will, spreche ich selbst mein Gefühl und mein Bedürfnis an, das ich in mir fühle und jetzt gut erfüllt habe: „Ich bin total zufrieden mit mir, da ist ganz viel Stolz und Freude!“ Oft genug praktiziert, fördert das meinen Selbstwert und mein großes Bedürfnis nach Anerkennung wird erfüllt.

Zu 2. Ich möchte Anerkennung aussprechen

Ich finde das so toll, was du gemacht hast und will es dir mitteilen? Dann spreche ich am besten ganz genau an, was ich beobachtet habe, welches Gefühl  das in mir auslöst und welches Bedürfnis sich damit erfüllt. Das klingt für Nicht-BKler vielleicht gestelzt, der Effekt ist jedoch ganz wunderbar.

Stell dir vor, du hast für deine(n) Partner/in  ein besonderes Essen vorbereitet. Wie unterschiedlich fühlt es sich an, wenn er/sie sagt „Hm, super gekocht, Schatz!“  oder wenn er/sie sagt:  „Ich sehe, du hast alles aufgeräumt, den Tisch schön gedeckt und diese herrliche Lasagne gekocht.(Beob.)  Das fühlt sich ganz wunderbar (Gef.) an nach Liebe /dass du so viel Zeit für unseren gemeinsamen Abend investierst. (Bedürf.) “

Es macht  grundsätzlich einen Unterschied, Anerkennung in der Ich-Form zu formulieren anstatt in der Du-Form („Ich bin begeistert von diesem Bild!“ <–> „Das hast du schön gemalt!“) . Von der Sache oder Handlung zu sprechen, als vom Menschen, dem ich einen Stempel aufdrücke, welchem er immer wieder entsprechen soll/will („Da hast du eine schlaue Lösung gefunden!“ <–> „Du bist echt ein schlaues Kind!“)

Das soll nun nicht heißen, dass wir nie mehr sagen dürften „Super!“, „ Echt toll gemacht!“ Dennoch lade ich dich ein, beim nächsten Mal Loben, deine Haltung zu überprüfen:

Willst du manipulieren? Sei ehrlich… . Fühlst du dich vielleicht in einer höheren, erfahreneren Position, aus der heraus du den „Schüler“ lobst?

Oder willst du einfach auf Augenhöhe echte Anerkennung aussprechen und zeigen, dass du dich mitfreust? Wenn die Haltung die letztere ist, kommt es auch meist gut „rüber“ ohne dass du spezielle Worte verwenden musst. Und wenn du Lust hast, probiere es mal etwas ausführlicher mit Beobachtung, Gefühl, erfülltem Bedürfnis  (wie im Beispiel  oben) und lass dich überraschen von der Reaktion.

                                                                                                                               Deine Kirstie

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