LF Podcastfolge 8:  Wie du dich sofort weniger ärgerst (Transkript)

Was hab ich mich früher geärgert! Es gab Tage, da folgten weder die Kinder in der Schule, noch meine zu Hause, noch der Hund. Ärgerst du dich auch so oft, über Gott und die Welt? Meine Mutter  – ein sehr gelassener, in sich ruhender und zufriedener Mensch übrigens – hat manchmal zu mir gesagt: Kerstin, ärger dich doch nicht so.

Doch, wie bitteschön, hätte ich das anstellen sollen? Mich nicht mehr ärgern.

Ich hatte damals wohl schon so eine Ahnung, dass mein Unterbewusstes auf Botschaften mit nicht einfach nicht reagiert. Wenn ich mir selbst gesagt hätte: Ich will mich nicht mehr ärgern, dann hätte mein Unbewusstes das Wörtchen nicht einfach geschluckt und angekommen wäre: ärgern, ärgern… – ja, das hab ich zu oft gemacht, mich ärgern.

Wie kann man nur? Warum tut jemand nur so was? Warum passiert das mir?

Nicht selten ist auch Wut dabei, vermischt mit dem Ärger. Manchmal auch Hilflosigkeit.

Wir ärgern uns über unsere schlampigen Kinder, über unseren gedankenlosen Lebenspartner oder die lieblose Ehefrau, über die arrogante Kollegin oder den faulen Kollegen, über den gleichgültigen Bruder oder die besserwisserische Schwester, über den herzlosen Chef oder die meckernde Chefin, den neugierigen Nachbarn auf der einen Seite und die nervige Nachbarin auf der anderen Seite. Über das blöde Wetter, die verkommene Gesellschaft, die Umweltsünder, die ihren Müll am Rastplatz liegen lassen und über ungerechte oder hirnlose Politikentscheidungen.

Im Ausdruck Ich ärgere mich … steckt eigentlich schon das Problem und gleichzeitig die Lösung drin. Es ist ein aktives Tun, wenn ich mich ärgere. Ich mach das. Und was ich das mache, kann ich damit auch aufhören mich zu ärgern.

Erinnere dich: Du bist verantwortlich für die Gefühle, die in dir entstehen. Der andere Mensch mag mit dem was er sagt oder tut, der Auslöser sein, doch der Ärger entsteht in dir selbst.  (höre dazu Folge 5 noch an oder nochmal an)

Schaun wir uns also an, wie du dir deinen Ärger machst. Denn wenn, du das verstanden hast, dass du dir tatsächlich deinen Ärger machst, dann kannst du es auch sein lassen und zukünftig andersdamit umgehen. Wie machst du dir also deinen Ärger?

Vermutlich so ähnlich wie die meisten Leute.

Du steigerst dich rein, mehr und mehr. Mit jedem Gedanken, mit jedem inneren Satz in dir. Meist gehen die Gedanken in eine ganz eindeutige Richtung: Schuldzuweisung, Vorwürfe, Unverständnis. Der versteht mich nicht, der hat ja kein Gefühl, der ist schuld, der will mir was.

Wir unterstellen der anderen Person böse Absicht, wir sind überzeugt, dass sie uns was Böses will oder dass sie bestenfalls einfach zu dumm ist, um anders zu denken und zu handeln. Der Fleischesser, dem es offensichtlich völlig wurscht ist, wie es den armen Tieren geht, Hauptsache ihm schmeckt‘s und das Fleisch ist billig und täglich auf dem Teller. Der Nachbar, der aus lauter Boshaftigkeit einfach den Ast unseres Baumes abgeschnitten hat. Die Politiker, die nur auf ihren Profit aus sind. Der Autofahrer, der absichtlich so langsam vor mir her schleicht, der Sonntagsfahrer, der!

Es läuft darauf hinaus, dass wir unterstellen, dass derjenige oder sogar womöglich alle heute gegen uns sind. Die Schuld liegt eindeutig bei den anderen. Wenn die nur endlich anders wären, ja, dann könnte es mir auch besser gehen und ich wäre entspannter, glücklicher, freier.

Wir bewerten also das Verhalten eines anderen Menschen. Wir bewerten Situationen und meinen zu wissen, ganz genau zu wissen, warum andere das tun, was sie eben tun. Warum sie sich so benehmen. Und um es noch schlimmer zu machen, unterstellen wir dem anderen böse Absicht.

Der will das doch so, klar. Der will mich ärgern oder ist einfach zu doof, anders zu denken.

Dazu erzähle ich dir mal eine Geschichte, die sich ungefähr so zugetragen hat.

Ein Mann sitzt in einem Zugabteil. Seine Kinder lärmen wild herum, springen durchs ganze Abteil und belästigen die anderen Fahrgäste. „Er sagt einfach nichts“, denkt sich ein anderer Fahrgast. „Wie kann man nur so gedankenlos sein? Ich muss mich auf meine Arbeit am Laptop konzentrieren, die Frau da drüben wollte schlafen. Vollkommen unverantwortlich. Und diese Kinder –frech und unerzogen.“ Eine Weile kocht die Wut in ihm hoch, er steigert sich mehr und mehr hinein und schließlich steht er auf. Mit kaum unterdrücktem Ärger versucht er, höflich zu bleiben und zischt „Wollen Sie ihre Kinder nicht mal zurechtweisen? Hier fühlen sich manche Fahrgäste gestört. „Ach, wissen Sie“, antwortet der Mann mit müder Stimme und atmet schwer. „Das tut mir leid, wenn wir andere gestört haben. Wir kommen gerade vom Krankenhaus. Die Mutter meiner Kinder ist eben gestorben und wir sind noch völlig durcheinander. Ich kann noch gar keinen klaren Gedanken fassen und die Kinder können es kaum begreifen, was passiert ist.“ Betreten entschuldigt sich der Fahrgast. Wenn er nur gewusst hätte…

Wir Menschen bewerten und bewerten, den ganzen Tag lang und das ist natürlich, alle machen das so. Wenn du jedoch aufhören willst, dich zu ärgern, dann prüfe doch mal deine Bewertungen. Werde dir überhaupt bewusst, dass du bewertest. Du kannst die ganze Wahrheit gar nicht wissen. Du kennst immer nur einen kleinen Teil davon!

Schlampig, boshaft, nachlässig, gemein, hinterlistig, arrogant, gedankenlos, ungerecht, dumm, faul… alles negative Bewertungen, die den Menschen in eine bestimmte Schublade schubsen, aus der er fast nicht mehr herauskommt.

Und hast du dir übrigens einmal so ein Bild von jemandem gemacht, Klappe zu – Affe tot, dann kommt derjenige aus der Schublade auch kaum jemals wieder heraus. Und alles, was er zukünftig macht, passt genau ins Bild und bestätigt deine Meinung nochmal mehr. So wirst du gar nicht bemerken, wenn dein bekanntermaßen „schlampiges“ Kind mal in einem Bereich ordentlicher war als sonst, denn es passt nicht ins Bild, das du dir von ihm gemacht hast.

Und wo du deine Aufmerksamkeit hinlenkst, dahin geht deine Energie. Das heißt, das Kind wird seinem Ruf gerecht werden und alles ganz unbewusst tun, um seiner Rolle gerecht zu werden und ins Bild zu passen. Das Problem verschärft sich. Es wird tatsächlich immer schlampiger. Eine sich selbst erfüllende Prophezeiung, ein bewiesenes psychologisches Phänomen. Durch deine negative Erwartungshaltung befeuerst du also das Problem noch.

Aus dem Teufelskreis der Bewertungen und des Ärgers kommst du nur wieder heraus, wenn wenigstens du aus diesem bekannten Muster ausbrichst. Und es reicht tatsächlich, wenn einer im System sich beginnt zu ändern. Dann ändert sich nämlich das ganze System. Auf diese Weise kommst du auch mit der nervigen Nachbarin oder dem gleichgültigen Chef in Zukunft besser klar.

Dafür musst du etwas bei dir ändern. Denn, wenn du immer auf dieselben Situationen mit den gleichen Gedanken reagierst, beschwörst du immer wieder denselben Ärger in dir herauf. Der macht dich kaputt, der schadet nur und bringt nichts. Schon gar nicht, wenn du dich regelmäßig über dasselbe ärgerst, aber dann nichts tust, damit es irgendwie besser werden könnte.

Weil…den anderen kannst du ja eh nicht ändern, denkst du dir vielleicht.

Und das stimmt wohl. Anfangen kannst du nur bei dir selbst. Da, wo dein Ärger entsteht. In deinen Gedanken und mit deinen Bewertungen kannst du anfangen. Und du kannst und darfst auch immer die Konsequenzen aus dem Verhalten anderer ziehen. Manchmal genügt es nämlich nicht, etwa neu zu interpretieren, dem Bild einen neuen Rahmen zu geben.

Manches ist für dich einfach inakzeptabel. Dann sprich das aus. Sprich das Problem im Detail an und stelle eine klare Bitte. Wenn dieser nicht entsprochen wird, bist du frei, wieder für dich zu entscheiden und vielleicht weitreichendere Konsequenzen zu ziehen.

Beim Ansprechen von Problemen, beginne am besten mit deiner Beobachtung: mit dem, was du wahrnimmst, was du hörst, was du siehst.

Versuche, daraus mal jegliche Bewertung herauszulassen.

Statt: Der Idiot vor mir fährt wie eine Schnecke.

  • Er fährt 40. Ich weiß nicht, warum er so langsam fährt.

Statt: Nie hast du Zeit für mich.

  • Die letzten Wochen haben wir keinen Abend zu zweit etwas unternommen.

 

Und ATME! Atme und spüre, was bei dir zu kurz kommt. Welches Bedürfnis kommt gerade bei dir zu kurz? Was brauchst du eigentlich gerade so dringend?

Dass du rechtzeitig zu deinem Termin kommst und dich als verlässlich erweisen kannst?

Dass du mal wieder Nähe erlebst? Oder ist es eher Abwechslung?

Atme in dein Herz und spüre dabei dein Bedürfnis.

Denk dir:  Der andere, ob Kind oder alter Mensch, Chef oder Politiker, ist ein Mensch. Ein Mensch, der sich, mit dem, was er tut, ein Bedürfnis erfüllen möchte. Die Absicht ist immer, sich selbst damit etwas zu erfüllen. Selbst bei jemandem, der anderen hilft. Der möchte einen wichtigen Beitrag leisten, damit er sich gebraucht, gut und wichtig fühlen kann.

Was ein anderer tut oder sagt, hat (fast) nichts mit dir zu tun! Du bist nur zufällig Teil des Spiels. Was ein anderer Mensch tut, hat in erster Linie immer nur mit ihm selbst zu tun. Nachdem du dich mit deinem Bedürfnis verbunden hast, hineingeatmet, bist du vielleicht eher bereit, dich mal kurz wenigstens in die Schuhe des anderen zu stellen.

Stell dich bitte mal ganz kurz hinein. Was versucht sich derjenige wohl gerade, damit zu erfüllen? Kannst du das ein bisschen nachempfinden?

Das ist auch sehr schwierig, denn du bist nicht der andere Mensch. Du hast nicht seine Gefühle gefühlt, nicht seine Erfahrungen erlebt. Deshalb kannst du eigentlich auch nicht über ihn urteilen.

Die Strategie des anderen ist vielleicht sehr unglücklich gewählt gewesen und hat dir Leid verursacht. Doch in dem Moment kann der andere grad nicht anders. Er oder sie hat einfach grad nichts anderes zur Verfügung. Nicht das Wissen, nicht die Fähigkeit, nicht die Weitsicht, nicht die Klarheit…

Das soll nun keineswegs alle Taten gutheißen. Doch das Konzept von Gut und Böse bringt uns nicht weiter. Was uns weiter bringt, ist, in Dialog miteinander zu kommen.

Was ist mein Einflussbereich? Was kann ich tun?

Ich kann offenlegen, wie es mir geht mit einem Verhalten bzw. einer Situation. Ich kann meine Beobachtung genau beschreiben und deutlich machen, was das mit mir macht. Dass ich sauer bin, weil der Ast meines Baumes vom Nachbarn einfach abgeschnitten wurde, ohne dass ich davon wusste. Dass ich gefragt werden möchte. Dass ich mir Wiedergutmachung wünsche. All das kann ich tun. Das ist mein Einflussbereich und dann kann ich meinen Ärger, loslassen und muss mich nicht gleich wieder über etwas ähnliches ärgern. Mein Ärger hat mich übrigens ins konstruktive Handeln gebracht hat (danke dafür!). Dann hat er seinen Sinn erfüllt und ich kann ihn loslassen.

Dann kann ich meinen Fokus auch mal ganz bewusst auf etwa Positives lenken (auf Licht, nur heute!) und will alles bemerken, was irgendwie positiv von der früheren Ärger-Seite her kommt.

Wie erstaunt werde ich sein, wenn dann immer mehr Positives herüber kommt und überhaupt ein viel besserer Tag draus wird, weil ich nach dem Ausschau halte, was funktioniert. Where the attention goes, energy flows.

So kann immer mehr Gutes in meinen Tag und in meine Beziehungen kommen. Denn, was ich erwarte, tritt meist auch ein.

Heute passiert womöglich sogar ein kleines Wunder für dich.

Ich fasse nochmal das Wichtigste zusammen. Was kannst du heute mitnehmen, um dich ab sofort weniger zu ärgern?

  1. Ich bin mir bewusst, dass der Ärger in mir entsteht. Er hat eine Funktion. Ich mach was draus und sorge für mich.
  2. Ich prüfe meine Bewertung und spreche im Detail aus, was ich beobachte.
  3. Ich sage offen, wie es mir damit geht und was ich brauche, was mir wichtig ist.
  4. Ich stelle eine klare Bitte, die wirklich erfüllbar ist.
  5. Ich ziehe notfalls meine Konsequenzen und tue, was mir gut tut, was ich selbst tun kann.
  6. Ich konzentriere mich mal einen Tag lang auf alles, was funktioniert und mir positiv auffällt. Das spreche ich den Menschen gegenüber auch an und sage, dass mich das freut, weil mir… wichtig ist.

Als nächste Folge gebe ich dir eine kleine Selbsthypnose gegen den Ärger.

Ich wünsche dir einen Tag mit mehr Frieden im Herzen.

Deine Affirmation:

Ich bin immer mehr im Frieden mit mir und der Welt.

Immer bist du im Frieden mit dir und der Welt, je mehr du auf deinen Atem achtest und bewusst immer wieder ein paar tiefe Atemzüge nimmst.

Wie immer freue ich  mich, wenn du diese Podcastfolge mit deinen Lieben teilst, vor allem mit jemandem, der sich auch regelmäßig zu oft ärgert. Hinterlasse mir gerne eine Bewertung auf Apple, wenn dir der Podcast gefällt. Für Fragen oder Rückmeldungen zu einer Folge ist die Austauschplattform instagram: @lichtfinder24.

Deine Kerstin von Lichtfinder

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