„Mein Partner hört mir einfach nicht zu.“- Glaubenssätze in Beziehungen

Martina, 33 Jahre alt, war bei mir im Coaching, nachdem sie einige meiner Blogartikel zum Thema Beziehung verfolgt hatte. „Irgendwie ist bei uns schon lange die Luft raus“, klagt Martina, Realschullehrerin und Mutter eines 2jährigen Sohnes.

Dies ist der Blogtext zur Podcastfolge 65 des Lichtfinder Lebensfreude Podcasts. Lieber anhören oder zur Vertiefung später nochmal hören? HIER geht`s zum Podcast.

„Wenn ich nach Hause komme, würde ich gerne was erzählen. Ich bin dann so geladen von all dem, was in der Schule passiert ist. Das muss einfach raus. Dann plappere ich manchmal wie ein Äffchen, doch Gerd schaut mich nicht mal an, wenn ich mit ihm rede. Er guckt einfach an mir vorbei in den Fernseher. Das macht mich so wütend! Ich finde das so respektlos.

Oder ich fange an, etwas zu erzählen, es kommt etwas dazwischen – ein Anruf auf seinem Handy oder unser Sohn schreit – danach geht er manchmal einfach raus und lässt mich stehen. Es interessiert ihn offenbar überhaupt nicht, was ich erzählen wollte.

Immer öfter ziehe ich mich dann auch beleidigt zurück und es herrscht einfach nur Stillschweigen zwischen uns. Doch er scheint das nicht einmal zu bemerken.

Einzig wenn er was von mir will, genau genommen Sex, dann bemüht er sich mal kurzzeitig um mich. Doch irgendwie kommt mir das dann so falsch vor und ich hab überhaupt keine Lust. Wenn ich dann abweisend bin, fühlt er sich ungeliebt und ist verletzt. Dann schlafen wir mit zugedrehten Rücken ein. Was ist bloß los mit uns?“

Martina hat da ein paar Aussagen getroffen, die ich gerne hinterfragen möchte. Denn oft ist es erst unser Denken, was die eigentlichen Probleme verursacht. Die Tatsache, wie wir etwas bewerten.

Glaubenssätze in Beziehungen

Ich frage Martina: „Aha, Gerd hört dir nicht zu. Ist das wirklich wahr?“

„Ja klar“, ist die erste Reaktion. „Das hab ich doch eben gesagt.“

„Ich weiß. Doch das ist ja schon eine absolute Aussage. So wie wenn er gar nicht und nie wirklich zuhören würde. Ich frag also nochmal. Kannst du das absolut sicher wissen, dass er dir nicht zuhört, zu 100 Prozent sicher, in keiner Situation?“

„Na ja“, meint sie. „Nie wäre nun auch unfair. Wenn es um Jonas geht – unseren Sohn- oder um Arbeiten, die am Haus anfallen, ja dann hört er schon zu. Oder wenn wir Urlaube planen. Dann blüht er plötzlich auf, dann schaut er mir auch mal direkt ins Gesicht und er strahlt. Also nein, zu 100 Prozent stimmt das wohl nicht.“

„Wie geht es dir, wenn du den Satz für wahr hältst?“

„Dann bin ich erst gereizt und oft werde ich sogar wütend. Es ist einfach so frustrierend, dass ich ihm so wenig wichtig bin! Das macht mich auch sehr traurig.“

,Oh, noch so ein Glaubenssatz´, denke ich und mache ich mir eine Notiz: Ich bin ihm so wenig wichtig.

Doch bleiben wir mal beim ersten. Ich frage Martina weiter:

„Wie verhältst du dich ihm gegenüber, wenn du diesen Satz für wahr hältst?“

Martina runzelt die Stirn: „Dann werde ich manchmal richtig gemein. Ich hasse ihn in diesem Moment. Da ist dann gar keine Liebe. Wie kann man nur so sein?, sag ich zu ihm.  Du lässt mich hier voll im Regen stehen. Ich könnte mich genauso gut mit einer Wand unterhalten! Du bist wie ein Eisklotz! So was sag ich dann. Oft werde ich laut und ich hab keine Lust mehr auf kuscheln vor dem Fernseher oder gar auf Sex. Ich ziehe mich zurück, innerlich und äußerlich. Es entsteht eine immer größere Mauer zwischen uns.“

„Aha, so geht es dir also, wenn du diesen Gedanken glaubst und für wahr hältst. … Wer wärst du wohl ohne diesen Gedanken?“, frage ich Martina. „Wie würdest du dich fühlen?

„Ohne den Gedanken: Er hört mir nicht zu? Dann würde ich mich ihm näher fühlen. Dann würde ich mich wohler und wertvoller fühlen.“

 

Wie würdest du dich verhalten ihm gegenüber – ohne diesen Gedanken?

„Ach, ganz unbeschwert und frei. Ich würde einfach erzählen und vertrauen können, dass es gut ist.“

„Okay. Also mit diesem Gedanken, der nicht 100% wahr ist, geht es euch beiden schlecht miteinander. Da ist eine Mauer. Ohne diesen Gedanken wäre es um so viel besser“, stelle ich fest und schlage Martina vor:

„Dreh doch den Gedanken: Er hört mir nicht zu. bitte einmal um!“

„Wie umdrehen?“, fragt sie. „Ins Gegenteil“, sage ich.

„Er hört mir zu?“ – „Ja.“

„Aha“, sagt sie. „Ja, manchmal tut er das sogar.“

Ich: „Vielleicht sogar, öfter als du denkst? Ist es dir auch schon mal so gegangen, dass du sehr wohl zugehört hast, und jemand wirft dir vor: du hörst ja gar nicht zu?“

„Ach ja, schon oft. Meine jüngere Schwester behauptet das immer mal wieder. Wenn ich die Wäsche zusammenlege, während sie was erzählt.“

„Interessant. Also kann auch jemand anders nicht wissen, ob und wie gut du gerade zuhörst?“

„Ja, das weiß nur ich selbst. Manchmal höre ich allerdings auch nicht wirklich zu. Dann tu ich bloß so, wenn meine Schwester mal wieder was von ihrem Garten erzählt, in allen Einzelheiten.“

„Ah ja. Und manchmal hast du vielleicht auch gerade keinen Nerv zum Zuhören, kennst du das auch?“

„Ja, natürlich. Ich kann nach der Schule eigentlich niemandem wirklich zuhören. Da will ich reden und alles loswerden.“

„Also kannst du auch nicht immer und jederzeit gleich gut zuhören, richtig?“

„Das stimmt.“ Martina ist nun ziemlich nachdenklich.

 

Ich bitte Martina: „Dreh den Gedanken nochmal um und ersetze er hört nicht zu durch ich…“

„Ich höre ihm nicht zu. Ich interessiere mich nicht für ihn…“

Auf einmal entgleisen Martinas Gesichtszüge. „Das stimmt tatsächlich“, murmelt sie sichtlich betroffen.

„Ich höre Gerd viel zu wenig zu. Ehrlich gesagt, interessiert mich seine Arbeit nicht wirklich. Das fade Bürozeugs und die Steuerfälle. Ich finde das so öde. Niemals hätte ich so einen Beruf ergreifen können.“

Oft sind es unsere Gedanken, die wir einfach so in die Welt blasen. Immer ist das so oder nie. Ganz bestimmt, ich weiß, dass es so ist! Und aufgrund dieser felsenfesten Überzeugung fühlen wir uns entsprechen schlecht. Auch unser Verhalten wird davon wieder beeinflusst.

Es lohnt sich deshalb, die eigenen Vorwurfs-Gedanken mal so richtig auseinander zu nehmen. Zu hinterfragen. Und sie umzudrehen.

Denn was wir so hinausposaunen an Vorwürfen und Beschuldigungen, hat ganz oft etwas mit uns selbst zu tun. Es ist das Phänomen der Projektion. Denselben Vorwurf mal in der Ich Form zu formulieren, das ist extrem spannend und führt oft zu Verblüffung und Nachdenklichwerden.

Dieses Hinterfragen des Wahrheitsgehaltes von Glaubenssätzen ermöglicht uns, uns davon zu lösen und mal eine andere Sichtweise auszuprobieren.

Andere Gedanken führen dann zu anderen Gefühlen und anderen Verhaltensweisen – das Problem löst sich dann meist von selbst auf, allein durch eine neue Denk- und Sichtweise!

Übrigens konnte Martina den Gedanken sogar nochmal umdrehen: Ich höre mir nicht gut zu.

Auch das stimmt immer mal wieder, meinte sie. Sie überhört nämlich gerne ihre eigenen Bedürfnisse. Andere sollten diese dann am besten erraten. Sie selbst erlaubte sich manches nicht und wartete darauf, dass andere sich kümmern sollten.

 

Weiterarbeit im Paar-Coaching

Wichtig im weiteren Verlauf des Coachings war, dass die beiden wieder Empathie füreinander entwickeln lernten. Sich Zeit zu nehmen. Sich immer wieder ehrlich füreinander zu interessieren. Andererseits auch authentisch zu sein und um ein anderes Thema oder einen anderen Zeitpunkt bitten.

Wieder Paar zu sein, trotz kleinem Sohn. Wieder zueinander zu finden.

Das Thema mit fehlender Lust auf Intimität löst sich dann oft automatisch mit. Denn Frauen brauchen das Gefühl, als Mensch begehrt und wertgeschätzt zu werden, um sich zu öffnen. Männer benützen Sex dagegen oft als Mittel zum Stressabbau oder als Liebesbeweis.

Mit mehr Verständnis wieder aufeinander zuzugehen. Auf die Bedürfnisse des Partners eingehen, das ist ein guter Weg. Und tatsächlich ist es wichtig, bei den eigenen Gedanken anzufangen, diese mal zu hinterfragen.

Beim nächsten  – laut oder still ausgesprochenen –  Vorwurf an deinen Partner, deine Partnerin, frag dich mal: Stimmt das wirklich, … – immer? Kann ich absolut sicher sein, dass das wahr ist? Oder neige ich da gerade zu Übertreibung, weil bei mir gehörig was zu kurz kommt?

Was brauche ich gerade so dringend, das angeschaut und erfüllt werden möchte? Ist es Nähe, Zärtlichkeit, Wertschätzung, die Sehnsucht nach Liebe?

Komm mit deinem Bedürfnis in Kontakt und gesteh es dir zu. Es darf sein. Es ist gut. Es ist lebenswichtig. Atme hinein in dein Bedürfnis. Lass es da sein.

Sag dir: Ja, ich brauche so sehr … Kontakt, Abwechslung, Austausch, Interesse, Liebe.

Nur ist dein Partner nicht allein verantwortlich, dir das zu erfüllen. Es ist dein Thema, das getriggert wird.

Bitte, gib deinem Partner auch eine Chance und sag ihm, dass du dies oder das jetzt besonders brauchst. Sag ihm, wie wichtig dir das ist. Denn Gedankenlesen ist etwas, was niemand wirklich gut kann. Sag es ohne Vorwurf und Anklage.

Sag ihm: Es ist mir wichtig, dass du mir jetzt gut zuhörst. Dann fühl ich mich wichtig für dich.

Übrigens hab ich bei Martina noch nachgefragt: Woran möchtest du erkennen, dass dir jemand gut zuhört?

Und Martina hat sich das genau überlegt und Gerd gebeten: „Würdest du bitte den Fernseher für 10 Minuten abschalten und mir gegenüber sitzen? Ich möchte dir was erzählen und hätte dazu gerne deine volle Aufmerksamkeit.“

Blickkontakt war ich dabei wichtig. Weil Gerd die Beziehung zu seiner Frau wichtig ist, nimmt er ihre  Bitte ernst. Nur manchmal bittet er wiederum um kurzen Aufschub, wenn gerade Sport im Fernsehen kommt. Dann nimmt wiederum Martina Rücksicht und wartet oder ruft inzwischen jemanden an.

 

Bedenke bitte: Auch wenn du alles Recht auf dein Bedürfnis hast, denn alle Bedürfnisse dienen dem Leben, so ist dein Partner doch nicht die Bedürfnis-Erfüllmaschine für dich.

Du kannst auch selbst für dein Bedürfnis sorgen, auch wenn es am liebsten von ihm kommen sollte. Vielleicht kannst du mit einer Freundin für mehr Abwechslung an den Abenden sorgen. Vielleicht kannst du einen romantischen Abend zu zweit organisieren, damit das mit euch was wird. Notfalls musst du mehr mit dem Kater schmusen und dein Bedürfnis nach Liebe dir selbst erfüllen, indem du dich umarmst und sagst: Du bist die Tollste, ich liebe dich über alles.

Das wäre ohnehin eine gute Idee. Dann empfängst du deinen Partner nicht vollkommen ausgehungert nach Liebe. Wenn nämlich so wenig Liebe in dir selbst drin ist, dann kann eigentlich niemand je dieses Loch stopfen.

 

Jetzt aber zurück zum Vorwurfs-Satz. Oft ist es auch ein sollte-Satz.

Er sollte mir besser zuhören.

Hinterfrage diesen Gedanken. Gibt es oder gab es schon mal irgendwelche Ausnahmen? Wenn ja, ist der Gedanke so nicht zu 100% wahr. Überleg dir, wie du dich verhältst, wenn du diesen Gedanken weiter hin denkst und glaubst. Überleg dir, wie es dir damit geht, solange du diesen Gedanken glaubst.

Und ohne diesen Gedanken? Wie würdest du dich fühlen, wie würdest du dich verhalten?

Dreh den Gedanken um. Ins positive Gegenteil. Wie fühlt sich das an?

Formuliere den Gedanken in der Ich Form. Ist daran irgendetwas Wahres?

Dann warst du in der Projektion. Es ist dein Anteil am Geschehen. Damit hast du deine Einflussmöglichkeit gefunden. Wer meinen Podcast schon länger hört, weiß: Wenn herauskommt: Hurra, ich hab einen Anteil am Geschehen. Dann ist das erstmal eine etwas heftige Erkenntnis, doch gleich drauf ist es DIE Chance, etwas mit verändern zu können. Selbstwirksamkeit bringt Lebensglück, Jungs und Mädels. Deshalb: Einflussnehmen, wo es nur geht!

 

Doch all der Eigenanteil bedeutet keineswegs, dass wir alles so hinnehmen müssten und nur wir einseitig in der Verantwortung wären. Nein. Wenn dauerhaft deine Bedürfnisse in eurer Partnerschaft massiv zu kurz kommen – obwohl du schon sehr gut für dich selbst sorgen kannst… dann müsst ihr vielleicht auch mal hinterfragen, ob es zusammen mit euch beiden weiterhin Sinn macht. Ob noch genügend Wille beiderseits da ist, miteinander weiterzumachen. Denn wenn wir den anderen lieben, dann trägt jeder immer wieder gerne bei, dass das Leben schöner wird, dass es dem anderen gut geht.

 

Für Martina war das Hinterfragen ihrer Vorwürfe ein Anlass, sich selbst zu hinterfragen. Nicht nur ihrem Mann die Rolle des Bösen zuzuschieben, der einfach nicht zuhört und sich nicht interessiert. Sie hat erkannt, dass beide das Spiel spielen. Und sie hat bald bemerkt, dass ihr Mann positiv überrascht reagiert hat, als sie sich freundlich und interessiert an ihn gewandt hat und eine gemeinsame Übernachtung ohne Kind vorgeschlagen hat.

Die Generalisierung aus Aussagen herauszunehmen, nimmt Zündfeuer aus dem Paarkonflikt heraus.

Denn bekanntlich stimmen immer und nie bei Konflikten nie!

Also ja, manchmal hört Gerd ihr schlecht zu, das stimmt, denn da ist er gestresst und braucht seine Ruhe. Oder das Thema interessiert ihn gerade nicht. Oder er hat nicht erkannt, wie wichtig ihr das gerade ist. Es ist jedenfalls keine böse Absicht seinerseits. Diese Erkenntnis beruhigt Martina ungemein. Es hat also gar nichts mit ihr zu tun. Es ist sein Stress, sein Ruhebedürfnis, sein Thema.

Und es ist ihr Thema, dass sie besonders Aufmerksamkeit und Austausch braucht. Martina nimmt sich vor, nach der Schule erstmal eine Kollegin anzurufen, die an einer anderen Schule ist und auch gerne Austausch hat. Damit kann sie erstmal Dampf ablassen und Feedback einholen, noch dazu von einer Fachfrau, die Ahnung hat und alles gut nachempfinden kann.

Mit Gerd nimmt sie sich am Abend mindestens 15 Minuten Zeit, wenn der Kleine im Bett ist. Der Fernseher wird dann ausgeschaltet und sie sitzen auf der Couch und reden oder schweigen auch mal gemeinsam, es wird gekuschelt und Musik gehört. Das war etwas ungewohnt am Anfang, doch mittlerweile genießen beide die neue Nähe.

 

Genau beschrieben ist diese Methode des Gedanken-Hinterfragens im Buch von Byron Katie Lieben, was ist. Ich verlinke es dir unten in den Folgenotizen.

Was ist dein Vorwurf-Satz, der dir sofort durch den Kopf schießt, wenn du an einen Konflikt mit deinem Partner denkst?

Viel Spaß und Erfolg beim Hinterfragen und beim Umdrehen.

 

Deine Kerstin von Lichtfinder

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