Hilflosigkeit und Ohnmacht sind gefährliche Gefühle

Wie entsteht gefühlte Hilflosigkeit?

Man hat ein Problem, da ist etwas, was man gerne gelöst hätte. Es belastet und bedrückt – doch gleichzeitig ist da diese Überzeugung: „Ich kann nichts dagegen tun! Ich kann nicht. Ich bin hilflos und stecke fest.“ Wenn dieses Gefühl, dieser Zustand länger andauert, spricht man auch von Ohnmacht.

Wie das Wort schon sagt, fühlt man sich da „ohne Macht“.

Doch woher kommt das? Warum glauben Menschen, hilflos zu sein? Warum glauben sie, einfach nichts tun zu können, damit ihre Lage sich verbessert?

Weil da tief sitzende Überzeugungen sind über die eigenen Fähigkeiten und auch über die eigene Rolle als Mutter, als Frau, als Partnerin, als Angestellte. Ebenso analog natürlich bei den Männern.

„Ich bin zu schwach“ ist eine dieser Überzeugungen. “Was ich will, zählt einfach nicht.“

Es handelt sich dabei um erlernte Hilfslosigkeit aufgrund von Erfahrungen.

Erlernte Hilflosigkeit, der Begriff stammt aus den 70er Jahren vom amerikanischen Psychologen Seligman, der Versuche mit Hunden im Labor durchführte und dabei Parallelen nachweisen konnte zwischen der erlernten Hilflosigkeit der Hunde und dem depressiven Verhalten von Menschen.

Die Gruppe von Hunden, die im Labor elektrischen Schlägen einfach ausgeliefert war und der Strafe nicht entgehen konnte, unternahm auch keinen Versuch sich zu retten, als die Möglichkeit dazu bestanden hätte.

Andere Hunde, die sich zuvor als wirksam erlebten, weil sie den Schlag durch Betätigen eines Hebels abwenden konnten, retteten sich tatsächlich flugs, sobald es ging.

Das heißt, ein Mensch, der die Erfahrung verinnerlicht hat, dass egal was er getan tat, es einfach nix gebracht hat, der wird auch dann resigniert nichts tun, wenn die Möglichkeit zum Handeln eigentlich da wäre.

Diese Erfahrung kann aus der Kindheit kommen, es können dominante Eltern oder ältere Geschwister gewesen sein, bei denen man nie die Chance hatte, wirksam zu werden oder auch ein dominanter Partner. Es kann auch eine schlimme Erfahrung gewesen sein.

Es kann aber auch ganz ohne besonders traumatische Erfahrung kann da eine große Unsicherheit entstanden sein, nämlich der Wunsch nach Sicherheit bzw. die Angst vor Verlust von Beziehungen oder Geld.

Auch dies kommt wie so vieles in der Regel aus der Kindheit und ist sehr verbreitet. Denn fast alle Eltern waren nicht perfekt als Eltern und Kinder fühlten sich häufig mal allein oder verlassen.

Wer sich hilflos fühlt und glaubt, nichts ändern zu können, erlebt sich als Opfer der Umstände.

Wie kann sich das als Erwachsener äußern? Ein Beispiel aus dem echten Leben:

Oliver ist todunglücklich in seinem Job. Er hat eine Management Position und genießt recht gutes Ansehen, sein Gehalt ist richtig ordentlich. Doch er mag seine Arbeit nicht wirklich, ist jedes Mal heilfroh, wenn der Tag vorbei ist. Wenn endlich Wochenende ist. Doch auch am späten Abend kommen Anrufe rein. Auch am Wochenende ist nicht wirklich Schluss. Urlaub kann er sich fast nicht nehmen, weil ohne ihn sonst alles drunter und drüber geht. Dabei bräuchte er so dringend Erholung. Sein Privatleben ist fast nicht existent.

Er ist nach der Arbeit total angespannt und kann nie wirklich abschalten. Die Zahlen aus der Firma verfolgen ihn bis in den Schlaf. Er wacht regelmäßig schon nachts um 4 auf und kann dann nicht mehr wirklich schlafen. Am nächsten Tag schleppt er sich wieder in seine Arbeit. Die Ehe leidet seit langem darunter, seine Frau ist frustriert und jammert ihm am Abend vor, dass er sie allein lässt mit allen Problemen der Kinder. Seine Kinder kennt er nicht wirklich, er hat vieles in ihrer Entwicklung verpasst.

Doch ändern? Wie sollte er je etwas ändern! Die Zahlungen fürs Haus laufen, seine Frau stellt Ansprüche ans Leben und er selbst genießt auch sein teures Auto. Die kurzen Urlaube sind immer richtig teuer. Er wüsste nicht, wie er den Lebensstandard halten sollte ohne seinen guten Job. Er muss irgendwie durchhalten bis zur Rente. Bis endlich der Ruhestand kommt. Von dem träumt er insgeheim schon seit seinen Zwanzigern. Oder ein Lottogewinn. Doch bis zur Rente sind es noch mindestens 25 Jahre und sein Leben ist eigentlich nicht mehr lebenswert. Ihm fehlt die Kraft.

Rechtzeitig Hilfe holen

Meist merken Menschen erst dann, dass es wichtig wäre, etwas zu ändern, wenn es eigentlich schon zu spät ist.

Wenn die Ehe schon am Ende ist und die Frau mit gepackten Koffern in der Tür steht.

Wenn gravierende Fehler in der Arbeit oder im Straßenverkehr unterlaufen, weil die Kraft einfach am Ende ist. Wenn der Rausschmiss droht oder der Herzinfarkt einen niederstreckt.

Paartherapeuten sagen auch: eigentlich gehörten die beiden schon am Anfang ihrer Beziehung in Therapie.

Genauso wäre es gut, in anderen Bereichen des Lebens möglichst früh auf innere Widerstände zu achten (dazu vorherige Podcastfolge!) und sich der eigenen Handlungsmöglichkeiten bewusst zu werden.

Konkret: wenn es Probleme gibt, ist es nicht empfehlenswert, diese einfach zu ignorieren.

(Innere) Konflikte klären

Konflikte wollen auf den Tisch gebracht werden, Problemgespräche wollen geführt werden.

Dann klärt sich was innerlich, dann reinigt sich die Luft.

Natürlich gut, wenn man gelernt hat, von sich zu sprechen z.B. nach den 4 Schritten der Brückenkommunikation:

  1. Was ist meine Beobachtung?
  2. Wie geht es mir?
  3. Worum geht es mir gerade (Bedürfnis, Werte)
  4. Meine konkrete Bitte.

Erstmal kann mit diesen 4 Schritten das eigene Gefühlsleben geklärt werden.

Die eigenen Bedürfnisse werden klar und damit wird auch möglich, verschiedenste Strategien zu brainstormen, diese wichtigen Bedürfnisse zu erfüllen.

Flexibel denken lernen

Ist z.B. das Bedürfnis nach Erholung und Unterstützung gerade am dringlichsten, weil die Arbeit so sehr belastet, dann ist eben nicht nur die eine Strategie: Abwarten und Durchhalten bis zur Rente oder die Option des Lottogewinns möglich. Es könnte eventuell auch nach Absprache mit dem Chef eine zusätzliche Kraft eingestellt werden zur Unterstützung. Es könnte der Arbeitstag klarer strukturiert werden. Pausenzeiten eingehalten werden, klar kommuniziert werden, dass am Wochenende nur in höchsten Notfällen angerufen werden darf.

Es wäre möglich, über tatsächliche Jobalternativen nachzudenken.

Wenn man erstmal das eine dringlichste Bedürfnis herausgefunden hat, was gefüllt werden möchte (oder auch zwei), dann ist eben nicht nur die fixe Idee von der Lieblingsstrategie möglich, sondern es gibt einen ganzen Strauß an Möglichkeiten zur Erfüllung.

Freunde können beim Brainstorming helfen oder natürlich ein Coach oder Berater.

Letztere haben den Vorteil, dass sie es gelernt haben, Veränderungen zu begleiten. Denn alles wehrt sich erstmal gegen eine Veränderung. Veränderungen machen oft Angst.

Freunde sind selbst oft nicht die großen Veränderer und sagen dann so was wie: „Hey, du weißt ja gar nicht, wie schön du es hast. Andere machen doch auch ihren Job. Jeder hat mal Stress.“

Und dann kommen auf einmal Glaubenssätze von einem selbst in den Weg, die in etwa so klingen:

„Das ist unmöglich! Was sollen da die Leute von mir denken, wenn ich meinen guten Job an den Nagel hänge? Ich kann das nicht. Ich bin nicht so flexibel.“

Wichtig ist auch, sich ausreichend Zeit und Raum zum Träumen zu geben. Ohne dass gleich wieder jemand dazwischen quatscht und sagt: geht niemals.

So wird man sich erst mal der vielen Möglichkeiten bewusst und fühlt mehr Handlungsfreiheit.

Bitte nicht stecken bleiben

Was passiert, wenn man stecken bleibt im Gefühl von Hilflosigkeit und gleichzeitig innerem Widerstand?

Es kann Ohnmacht entstehen. Die führt nicht selten zu Aggression. Man kennt den Ausdruck „in ohnmächtiger Wut“.

Hilflosigkeit und Ohnmacht lässt Menschen um sich schlagen, verbal oder tatsächlich. Es ist ein verzweifelter Versuch, sich zu wehren und etwas Macht zurückzuerobern.

Das ist nicht selten bei Eltern gegenüber ihren Kindern der Fall. Wenn sie sich nicht mehr zu helfen wissen, fallen böse Worte, es gibt womöglich eine Ohrfeige oder Schlimmeres.

Wenn das Gefühl von Hilflosigkeit über längere Zeit andauert, kann sich die Aggression nach innen richten. Das besonders, wenn einem zusätzlich noch Wertschätzung fehlt und Anerkennung.

Fehlende Liebe sozusagen führt dann zu mehr und mehr Selbst-Verachtung. Dann gibt es verschiedene Arten der Selbstsabotage: von Fressanfällen über zu viel Alkohol oder schachtelweise Zigaretten. Oder der Körper richtet sich gegen das eigene Immunsystem: Autoimmunkrankheiten nennt sich das. Auch Krebs ist eine Form von Selbstzerstörung.

Oder man flüchtet sich stattdessen in Resignation. Dann hat man aufgegeben, sich selbst und irgendwie auch das Leben. Es hilft ja eh alles nix. Ich kann nichts tun.  Dann ist der Mensch depressiv geworden.

Auf Dauer führt gefühlte Hilflosigkeit in eine Depression. Und Depressionen sind potentiell lebensgefährlich.

Neue Sichtweise nötig

Wenn wir eine Depression, ein Burnout, einen Herzinfarkt, einen Unfall oder eine Erkrankung als Chance zur Neuorientierung verstehen und nicht als ungerechterweise zufällig mir passiert,

dann kann die Krankheit allmählich auch wieder verschwinden. Dann ist sie sogar für was gut.

Es ist eine Chance der Neuorientierung, ein erzwungenes Innehalten. Zeit, nach innen zu schauen, herauszufinden, was wirklich wichtig ist. Zeit, hinderliche Überzeugungen loszuwerden und die Lebenskraft wieder ins Fließen zu bringen. Zeit, das eigene Leben neu zu sortieren. Beziehungen zu klären, loslassen was nicht mehr gut tut. Mehr Raum schaffen für Freude im Leben.

Das alles ist möglich.

Ich war selber jahrelang depressiv und kenne die gefühlte Hilflosigkeit nur zu gut. Der Wendepunkt heraus war für mich die Erkenntnis, dass ich ja gar nicht so hilflos bin, wie ich immer geglaubt hatte. Plötzlich erkannte ich: Ich könnte alles ändern, wenn ich nur wollte. Denn dann wäre ich auch bereit, jeden Preis für die Veränderung zu bezahlen. Es ist meine Entscheidung. Außerdem kann ich meine Gedanken wählen.

Das war wir eine Erleuchtung, und brachte mir Stück für Stück meine Selbstwirksamkeit und Lebensfreude zurück. Deshalb ist es mir auch so wichtig, das immer wieder zum Thema zu machen.

Bist du bereit?

Voraussetzung für Verbesserung ist: der Wunsch nach Veränderung. Leider ist das wie gesagt oft erst der Fall, wenn der Leidensdruck übermächtig ist.

Der Mut, sich den eigenen Ängsten von nun an zu stellen und der Wille, sein eigenes Leben in die Hand nehmen zu wollen, unabhängig davon, was andere denken oder reden könnten.

Vielleicht ist all das leichter, wenn du hörst, dass es möglich ist! Und es ist gar nicht so schwer. Es ist zu schaffen! Ich hab es auch geschafft, so vieles zum Guten zu verändern.

Nur Mut!

Denk dran: eine sich selbst erfüllende Prophezeiung funktioniert auch im positiven Sinn.

Drum lass dir von mir prophezeien:

Du kannst vieles zum Guten verändern, egal was bisher geschehen ist.

Prophezeie dir selbst eine gute Zukunft. Schreibe deine Prophezeiung auf!

Erlaube dir Besserung

Es ist hilfreich, mehr „Ich darf“ in dein Leben zu bringen. Ganz wichtig: Ich darf Fehler machen. Ich darf daraus lernen. Ich darf… so viel mehr!

 Selbstwirksamkeit zu erleben ist der beste Weg heraus aus depressiver Stimmung.

Diesen Text gibt es  als Podcastfolge im Lichtfinder Podcast überall zu hören. Hier der Link zur Folge: Klick.

Es folgt Teil 2 hier im Blog und zum Hören: mit praktischen Übungen zur Entdeckung deiner Selbstwirksamkeit und Einflusskraft. Diese kannst du sofort umsetzen.

Licht und Liebe für dich.

Deine Kerstin von Lichtfinder

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