Selbstmitgefühl lernen

Heute geht es um die Kraft des Selbstmitgefühls, auch Selbst-Empathie genannt. Warum das nichts mit Selbstmitleid zu tun hat, so wie wir es kennen, erfährst du in dieser Podcastfolge und auch, was Selbstempathie mit deinem Selbstwert und deiner Beziehungsfähigkeit zu tun hat.

Du bekommst heute zwei wirkungsvolle Übungen, eine davon habe ich selbst entwickelt und sie hat eine geradezu magische Wirkung;)

– Diesen Blogbeitrag gibt es auch zum Hören: Folge 103 im Lichtfinder Lebensfreude Podcast. –

Selbstmitleid ist schlecht, oder?- Selbstmitgefühl als Weg zur Heilung

Vorurteile gegenüber dem Selbstmitleid- was davon stimmt und was nicht bzw. wie man statt Selbstmitleid so wie wir es kennen Selbstmitgefühl für sich nutzen kann – mit dem Ziel, dass es einem wieder besser geht.

So schadet Selbstmitleid

Sich runterziehen: „Ich armes Opfer. Warum geht es mir nur so schlecht?“

Warum ist mir das passiert? Den anderen geht es so viel besser als mir. Ich bin einfach so schwach und so wenig klug oder schön und kann so vieles nicht. Andere sind so viel besser dran. Die sind vom Glück gesegnet. Wegen meiner schlimmen Kindheit bzw. wegen dieser schlechten Erfahrungen, die ich gemacht habe, wird es wohl nie besser werden…

Wir sprechen im Jammerton mit uns selbst. Sinnlose, verzweifelte Warum-Fragen gehören dazu, Opferdenken, die anderen sind schuld und Wie ungerecht ist diese Welt-Denken. Diese Art von typischem Selbstmitleid bewirkt, dass wir uns damit selbst aktiv so richtig runter in den Abgrund ziehen. Beziehungsweise, wenn wir uns schon gefühlt im Loch drin befinden, dann bewirkt ein solcher innerer Dialog, dass wir auch in diesem Loch bleiben und wir uns so richtig schön im Sumpf festzementieren.

Diese Art von Selbstmitleid ist tatsächlich schädlich, vor allem, wenn sie sich über längere Zeit hinzieht, denn sie zieht uns wirklich nur runter und wir resignieren und bleiben passiv.

Fehlschluss: Gefühle ignorieren

Der Fehlschluss unserer Gesellschaft daraus ist: Am besten ist es, so unangenehme Gefühle erst gar nicht zuzulassen. Sie wegzudrücken, zu ignorieren. Fatal, denn dadurch wird nichts besser, sondern langfristig immer schlechter, bis sie als körperliche Symptome rauskommen.

Psychosomatische Symptome sind real, nicht eingebildet. Sie entstehen, wenn wir über längere Zeit unterdrücken, ignorieren, wegschieben, nicht wahrhaben wollen, was da Unangenehmes in uns gefühlt wird. Hör dir dazu meine Folge 45 gerne an: Wenn die Seele nicht gehört wird und der Körper schreit.

Ja, Gefühle sollen nicht sein, dürfen nicht sein, in unserer Leistungs- und Funktionsgesellschaft. Da kommen dann so Sprüche wie:

Ach komm, ist doch nicht so schlimm. Stell dich nicht so an. Anderen geht es auch nicht besser. Jetzt reiß dich doch mal zusammen. Das wird schon wieder.

Gut gemeint und doch kaum tröstlich oder hilfreich in der Situation, wenn es einem schlecht geht..

Die Bedeutung von Empathie

Denn wir wollen verstanden werden in dem, wie es uns geht und was wir brauchen. Und das ist das, was das Wort Empathie ausdrückt. Ehrliches Interesse und Verstehen-Wollen, Mit-Fühlen, manchmal auch ein Stück weit Mit-Leiden, das heißt, das Leid gemeinsam tragen. Nicht herabschauen im halb verächtlichen Mitleid, sondern Mit-Leiden im Sinn von: die Last eines Schmerzes oder einer Trauer mit-tragen. Meistens braucht es dafür nicht viele Worte, es genügt oft ein Dasein, auch gemeinsam schweigen.

Die Lösung ist Selbstempathie

Fakt ist: Wir kriegen viel zu wenig oder gar keine Empathie von anderen. Dabei wäre das so wichtig:

Wir brauchen so sehr Verständnis, wir wollen gesehen und gehört werden, wie es uns gerade geht. Jemanden, der ehrlich mitfühlt.

Damit jemand wirklich gut zuhört und verstehen will, buchen Menschen heutzutage eine Therapie oder ein Coaching.

Da wir den anderen Empathie nicht lernen können und gleichzeitig nicht ewig vergeblich drauf warten wollen, ist die Lösung: sich selbst Empathie zu geben. Weil sie heilt, weil sie so gut tut. Und das Schöne daran: damit können wir mit der Zeit auch ein empathischerer Mensch für andere zu werden.

Wir brauchen Selbst-Empathie, um unsere Bedürfnis-Töpfe aufzufüllen, wenn es sonst niemand tut. Diese Bedürfnisse sind essentiell für unsere Lebensenergie. Wenn unsere Bedürfnisse gut gefüllt sind, geht es uns gut.

Wir können überhaupt nur dann empathisch für andere gut da sein, mitfühlend, verständnisvoll, geduldig und großzügig liebevoll, wenn wir unsere eigenen Bedürfnis-Töpfe gut gefüllt haben.

Um für andere gut da sein zu können, ist die notwendige Voraussetzung: gute Selbstfürsorge.

Woher sollte Empathie sonst für uns kommen? Verständnis und Mitgefühl?

Selten gibt es liebe Mitmenschen, die uns das von sich aus gerne geben. Oder selten gibt es kommunikativ oder sozial geschulte Menschen, denen man sagen könnte:

„Du ich brauch jetzt einfach mal nur Empathie. Wärst du bereit, jetzt eine Stunde gut für mich da zu sein?“

Und derjenige wüsste dann natürlich auch, dass das bedeutet, wirklich gut zuzuhören, verstehen zu wollen, Präsenz zu zeigen in Körperhaltung und Blickkontakt, vielleicht eine Berührung, vielleicht eine Hand auf dem Arm, je nach Verhältnis zueinander, auf jeden Fall zugewandt, präsent und ehrlich interessiert.

Gut gemeint, wenig hilfreich

Analysen der Problem-Situation, Bewertungen, Urteile gehören da nicht hinein, ebenso wenig wie Ratschläge und schnelle Lösungsangebote. Das ist leider das, was wir dann vom Partner oder von guten Freunden bekommen.

Ja, wer kann, ist gut beraten sich professionell empathische Begleitung und Unterstützung zu holen. Denn die wenigsten Mitmenschen können wirklich gut für einen da sein, wenn es einem schlecht geht.

Selbstwirksamkeit erlangen

Wenn wir allerdings lernen wollen, uns unabhängiger zu machen von anderen und vor allem unseren Selbstwert wirklich stabiler zu machen, dann können wir lernen, selbst gut für uns da zu sein.

Für den Alltag essentiell, ist, dass wir uns selber empathisch zuhören, das heißt unsere Gefühle da sein lassen und mit uns liebevoll sprechen. Dass wir selber gut für uns da sind. Und das hat nichts mit dem Selbstmitleid zu tun, so wie wir es kennen und bei anderen verachten.

Warum wird Selbstmitleid überhaupt verachtet?

Weil sich derjenige der im Selbstmitleid badet, im Kreis dreht. Am Anfang einer Krise ist Selbstmitleid etwas, was vollkommen normal ist und es ist wichtig und in Ordnung, da alle Gefühle zuzulassen. Doch wenn es eben im Opfer- und Jammerdenken weiter und weitergeht, dann kommt man aus der Negativ-Spirale nur schwer wieder heraus. Es müsste sich ja alles im Außen ändern, damit es besser werden kann. Opfer- und Jammerdenken macht uns abhängig vom Außen und lässt uns in der Hilflosigkeit bleiben. Es macht schwach und immer schwächer.

Statt Selbstmitleid

Da Selbstmitleid als Wort so eine negative Bedeutung hat, ist es wohl geeigneter, auch begrifflich zu unterscheiden und die sinnvolle und produktive Art mit sich selber verständnisvoll umzugehen anders zu benennen: nämlich Selbstmitgefühl oder Selbstempathie.

Das ist ein anderer Weg. Im Grunde ist es durchaus Mitleid mit sich selbst, nur mit einem Riesenunterschied in der Art, wie es gegeben wird und vor allem auch in der Wirkung.

Das Konzept der Selbstempathie stammt urspünglich aus dem Buddhismus.

Der Dalai Lama hat einmal gesagt:

Damit man echtes Mitgefühl für andere entwickeln kann, muss man zuerst ein Fundament haben, auf dem man dieses Mitgefühl kultivieren kann. Dieses Fundament ist die Fähigkeit, sich mit den eigenen Gefühlen zu verbinden und sich um sein eigenes Wohlergehen zu kümmern. Fürsorge für andere bedarf der Fürsorge für sich selbst.

Kristin Neff  ist Professorin für Persönlichkeitsentwicklung und Psychologie  und sie hat dieses Konzept des Selbstmitgefühls für ihr Forschung entdeckt und untersucht, was es mit uns macht. Darauf basierend hat sie ein 8wöchiges Programm entwickelt MSC Mindful Self Compassion: Achtsames Selbstmitgefühl.

Es gibt dazu auch ein Übungsbuch mit wirksamen Übungen.

Die Selbstmitgefühls-Pause ist eine der bekanntesten Übungen daraus.

Dabei kann man die Hand auf eine Körperstelle legen, die gerade Berührung braucht und sich sagen:

  1. Das ist gerade schwer. Das ist ein Moment des Leids.
  2. Leid gehört zum Leben als Mensch. Ich bin damit nicht allein.
  3. Möge ich liebevoll mit mir selbst umgehen und gut für mich sorgen.

Ich hab es ein bisschen alltagspraktikabler formuliert. Du findest die Originalformulierungen im Netz.

Du bekommst am Ende noch eine sehr praktikable und erprobt wirksame Übung von mir, wie du mit dir selbst ein heilendes Gespräch durchführen kannst.

Empathie und Selbstmitgefühl machen einen riesengroßen Unterschied im Wohlfühlen mit sich selbst und mit anderen.

Wir brauchen das so dringend. Es wirkt heilend für uns selbst, für Körper, Geist und Seele und bringt uns in Verbindung nach innen. Und dadurch, dass wir in Verbindung mit unserem Inneren kommen, fällt es uns in Folge so viel leichter, in Verbindung zu anderen zu gehen.

Zauber der Empathie

Empathie ist schon lange der Schlüssel zum Herzen unserer Mitmenschen. Sie ist ein Türöffner zueinander, sie schafft Verbindung. Doch die wenigsten können Empathie. Echte Empathie begegnet uns sehr, sehr selten. Warum? Weil wir es mit uns selbst auch nicht können.

Denn wir haben nicht gelernt, mit uns selber empathisch umzugehen. Stattdessen wird mit sich selbst geschimpft und genörgelt, herumkritisiert und herabgewürdigt.

Von anderen würden wir uns so sehr Empathie wünschen. Sie sich übrigens auch von uns.

Wir alle haben tief drinnen eine große Sehnsucht nach Verbindung. Empathie kann diese schaffen, wir haben sie nur viel zu wenig oder gar nicht gelernt.

So nützt Selbstmitgefühl

Selbstmitgefühl füllt also unsere im Schmerz und Leid wichtigen Bedürfnisse aus. Es ist eine unendlich wertvolle Möglichkeit, dass wir endlich das bekommen, was wir in dem Moment so dringend brauchen. Bisher hätten wir es uns ausschließlich von anderen gewünscht: die Liebe, die Wertschätzung, das Mitgefühl, das Verständnis, das Gesehen- und Gehört werden. Wenn wir lernen, uns nach und nach immer mehr davon selber zu geben, macht uns das stark und wir bekommen endlich den Selbstwert, nach dem wir uns so sehr sehnen. Er kann im Grunde auch nur in erster Linie von uns selbst kommen.

Stabiler Selbstwert

Sonst wäre es ja eine ganz schön instabile Geschichte: je nach dem, wie andere uns gerade gesonnen sind und wie sie drauf sind, würden wir uns gerade toll fühlen, sicher und wertvoll. Oder wenn sie gerade kritisieren, an uns rumnörgeln oder uns sogar richtig mies behandeln, dann wären wir schnell am Boden zerstört. Genau so geht es leider den meisten von uns, ich kenne das nur zu gut aus eigener leidvoller Erfahrung.

Umgekehrt wird es eine runde Sache: Wenn wir stabil und verlässlich lieb mit uns selbst umgehen, uns wirklich selber als den besten Freund/die beste Freundin behandeln, eben wie jemanden, den wir wirklich sehr mögen und schätzen, vielleicht sogar lieben, dann wirft uns auch so schnell nix mehr aus der Bahn. Dann sind Fehler zwar immer noch nichts tolles, worauf man stolz ist, oder andere Unzulänglichkeiten und Schwächen würden wir immer noch gerne an uns verbessern und uns weiter entwickeln gemäß unseren Werten… – aber es hätte nichts mehr mit unserem Grundgefühl zu tun. Wir könnten einfach stabil in uns ruhen, auch wenn wir einen Fehler oder eine Schwäche eingestehen müssen. Wenn der liebevolle Umgang nach innen garantiert ist, werden wir das ausbügeln, wieder gut machen, so gut wir eben können, oder uns eben aufrappeln, Krone richten, weitergehen, aufrecht und mutig, stark und geliebt innen drinnen. Mit der Haltung fällt es viel leichter, es beim nächsten Mal wirklich besser zu machen. Mit der Haltung können wir uns tatsächlich weiter entwickeln, auf höhere Bewusstseinsstufen und hin in Richtung der Liebe aus der wir alle kommen, aus der wir gemacht sind. So funktioniert dann auch die Verbindung und Vernetzung mit anderen Menschen viel besser – auf friedliche Art und Weise.

Selbstmitgefühl, aber richtig!

Ich habe eine wirksame Übung entwickelt, die ich auch mit Klienten durchführe und wir gehen dabei richtig in die Tiefe. Du kannst für dich einfach damit beginnen, ich beschreibe dir dann gleich ein Beispiel wenn du mal Kopfschmerzen haben solltest.

Also nochmal zusammengefasst:

Schädlich wäre es, in der Ich-Form mit mir zu sprechen und mich selber nach Strich und Faden zu bedauern. Ich hab’s so schwer. Womit hab ich das verdient….

Warum ist das schädlich? Weil ich dann mit mir selbst auf der gleichen Stufe bin. Mir geht’s schlecht und ich tu mir selber leid. Das heißt, ich bin rundrum nach meinem Gefühl ein armes Würstchen und das macht mich völlig fertig. Ein Selbstgespräch nach dem Motto: „Ich armes Opfer“ zieht mich runter und hält mich unten, schwach und klein.

Wenn ich dagegen mit mir selbst in der Du Form spreche, mich dazu am besten visualisiere in meinem schlechten Gefühl oder mit meinen Beschwerden und Problemen…. Dann schau ich von außen auf mich drauf. Wenn ich dann empathisch bin, mitfühlend, bedauernd, liebevoll, aufbauend… dann hat das eine geradezu magische Wirkung. Probiere es einfach aus.

Und wie geht das nun?

Selbstmitgefühl in der Praxis

Schau dich in den Spiegel und wenn du gerade Kopfweh hast, sag dir:

Ach, du arme Maus (du kannst auch deinen Vornamen einsetzen), hast gerade so arg Kopfschmerzen. Das tut mir total leid für dich. Du würdest so gerne funktionieren und alles tun, was du dir vorgenommen hast, stimmt’s?

Und dein Kopf tut weh und da ist so ein Druckgefühl auf deiner Brust. Ganz erschöpft und müde bist du. Brauchst du gerade so dringend Erholung und Ruhe? Dann gönn sie dir doch einfach. Du darfst das jetzt. Hilft ja nix, mit so nem Kopf. Hast du dir in letzter Zeit vielleicht zu viel aufgeladen? Brauchst du Entlastung. Du findest eine Lösung. Du brauchst jetzt nicht länger drüber nachdenken, es ist einfach gerade so wie es ist. Und genau so darf es jetzt sein. Pause, Ruhe, Schlaf. Gönne es dir einfach, so lange es braucht.

Das funktioniert deshalb so gut, weil du auf einer anderen Ebene mit dir sprichst. Du sprichst aus deinem gesunden, heilen Ich heraus und du bist dabei voller Liebe für dich selbst.

Das ist praktizierte Selbst-Liebe und ist genau das, was dir Selbstwertgefühl gibt. Aus eigener Kraft, zunehmend unabhängig von anderen. Gleichzeitig ermöglicht es dir, in mehr Verbindung zu anderen zu kommen, denn wenn du genügend Empathie für dich selbst hast, dann hast du auch mehr Empathie für andere übrig, kannst also empathischer auf sie eingehen, was allen Beziehungen unglaublich gut tut.

Selbst-Mitgefühl Übung oder Training ist also tatsächlich ein Training für stärkere Selbstsicherheit und bessere Beziehungsfähigkeit.

Ich wünsche dir viel Freude und Mitgefühl für dich selbst beim Ausprobieren. Schreib mir gerne, was es mit dir macht. In Instagram unter den Post zur Folge oder per Email an kerstin@lichtfinder.com.

Und wenn du mal einen tiefen Prozess durchlaufen möchtest und auch deine innere Nörgelstimme umstimmen magst, dann melde dich gerne für ein 1:1 mit mir.

Ich sehe das Göttliche in dir, du wundervolles Wesen.

Deine Kerstin …von Lichtfinder

PS: Hier geht es zu einem YouTube Video von Kristin Neff zum Thema Selbstmitgefühl.